Schloss-Schreiber (14)
Gestern habe ich mich auf mein nächstes Romanprojekt konzentriert, ein fantastisches Wüsten-Epos. Dabei konnte ich einen persönlichen Tagesrekord im Vielschreiben aufstellen – ganze neun A4 Seiten. Das sind, bei meiner Formatierung, umgerechnet 3500 Wörter oder 22.000 Zeichen. Gewöhnlich bin ich „schnell“, wenn ich in einer Stunde eine Seite verfasse. Das habe ich gestern übertroffen. Das Beste bei der Sache: Das Schreiben hat von der ersten bis zur letzten Seite Spaß gemacht. Und darauf kommt es schließlich an.
Heute am frühen Nachmittag stand ein Treffen mit dem Bezirksamtsleiter von Bergedorf – oft nicht ganz korrekt als „Bürgermeister“ bezeichnet – Arne Dornquast am Programm. Zuerst erfuhr ich Spannendes über die Bergedorfer Geschichte. So haben sich mehrere hundert Jahre lang Hamburg und Lübeck die Stadtverwaltung geteilt. Später war Bergedorf kurzzeitig eigenständig, wurde aber 1938 nach Hamburg eingemeindet. Ich hatte mir ein paar knifflige Fragen überlegt, die ich dem Bezirksamtsleiter stellen wollte. Gedacht, gesagt, und das ist dabei herausgekommen.
Herr Dornquast, sind Sie gebürtiger Hamburger?
Gebürtig schon, aber da muss man aufpassen – hier in Hamburg bedeutet „gebürtig“, in der Stadt geboren zu sein; „geborene“ Hamburger sind jene, bei denen auch die Eltern hier zur Welt gekommen sind; für „echte“ Hamburger müssen auch beide Großeltern in der Stadt geboren worden sein. Ich bin „nur“ gebürtiger Hamburger.
Was haben Sie sich gedacht, als die Organisatoren des Schloss-Schreiber Stipendiums an Sie herangetreten sind?
Was soll man dagegen haben? Ich fand die Idee toll!
Lesen Sie Belletristik?
Ja, vor allem Krimis. Mein letztes Buch war ein Roman in Briefform, „Das große Los“ der Journalistin „Meike Winnemuth“.
Schreiben Sie selbst?
Nein. Ich hatte mal die Idee zu einem Buch über kuriose Begebenheiten, die ich in meiner Zeit in Bonn erlebt habe. Daraus ist aber nichts geworden.
Welchen Beruf haben Sie sich als Kind oder Jugendlicher ausgemalt?
Da gab es nichts Bestimmtes. Meine Eltern wollten, dass ich Zahnarzt werde. Schlussendlich habe ich aber Stadtplanung studiert.
Angenommen, Sie wären im Mittelalter geboren und würden auf einem Schloss leben – wer wären Sie?
Hofnarr. Damit meine ich aber nicht den klassischen Possenreißer, sondern den informellen Berater, der den Herrschenden über seine Komik Wahrheiten unkonventionell aufzeigen kann.
Schloss Bergedorf hat keine Folterkammer. Wenn Sie Schlossherr im Mittelalter wären, würden Sie eine bauen lassen?
Nein. Mir ist nicht bekannt, dass im mittelalterlichen Bergedorf Folter zum Einsatz gekommen wäre, außer vielleicht im Zuge von Hexenverbrennungen. Eher wäre es sinnvoll gewesen, ein Gefängnis zu errichten.
Das Bergedorfer Schlossgespenst spukt in Ihrem Schlafzimmer – was tun Sie?
Hugo ist ja ein freundliches Gespenst. Ich würde ihn fragen, was er in den letzten Jahrhunderten erlebt hat. Es würde mich mehr interessieren, was in der Vergangenheit in meiner Heimat geschehen ist, als die Vergangenheit an weit entfernten Orten.
Was ist Ihr Wunsch für Bergedorfs Zukunft?
Ich würde mir wünschen, dass der Bergedorfer Charme, die eigene Identität, erhalten bleibt. Die Menschen sollen weiter miteinander reden, aber auch am Erfolg der Großstadtmetropole teilhaben können.
Soweit zum Interview. Abschließend wanderte ein signiertes Exemplar von KABINE 14 über den Amtstisch und ich durfte ein paar Fragen beantworten, zum Beispiel: „Wie schreibt man einen Roman?“ Oder: „Wie kann man an drei Werken gleichzeitig schreiben?“ Letzteres konnte ich nicht zufriedenstellend beantworten. Es funktioniert einfach.
Noch ein Hinweis: Die für Donnerstagabend geplante Veranstaltung Dinner & Reading musste leider aufgrund Teilnehmermangel abgesagt werden. Das nächste und gleichzeitig mein letztes öffentliches Event als Bergedorfer Schloss-Schreiber ist die Tschüss-Lesung am Samstag, 27. September 2014, um 18:00h in den Räumlichkeiten des Schlosses. Eine Anmeldung ist hier nicht erforderlich. Einfach vorbeikommen, lauschen, lachen und kräftig applaudieren!