Begonnen hat meine schriftstellerische Tätigkeit mit dem Verfassen von Gedichten. Ich stelle euch eine Auswahl meines lyrischen Schaffens vor. In Summe sind bis heute mehr als hundert Werke zusammengekommen. Die Liste ist zeitlich absteigend geordnet.
 
 
Ist es klein, so siehst du nichts.
Ist es groß, betrittst du es nicht.
Ist es hart, dann schneidet es dich.
Ist es weich, kannst ohne nicht sein.

 
© Mortimer M. Müller (Lösung: Das Wasser)
 
 
Daunenschneefall flüsterleise,
windstill ruht die Winternacht,
der Geist so frei auf seiner Reise,
durch die schimmernd kalte Pracht.

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Das Morgen kommt zu mir und spricht:
Vergiss mich nicht!
Drehte ich mich um und sah:
Heute war nicht mehr da.

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Valentin ist ein Vampir,
Blut sein Lebenselixier.
Heute Nacht ist es vordringlich,
ein Schluck Blut unabdinglich.
Plötzlich, das darf doch wohl nicht sein,
sein Mund erfüllt von schrecklich’ Pein.
Der Schmerz entfließt seinen Zähnen,
und, das sollte man erwähnen,
die Eckzähne betroffen sind,
welche, das weiß jedes Kind,
notwendig sind, um Blut zu saugen,
ob sie jetzt noch dafür taugen?
 
Valentin fasst den Entschluss,
dass dieser Schmerz sich ändern muss.
Also sitzt am nächsten Morgen,
der Vampir erfüllt von Sorgen,
beim Zahnarzt am Behandlungsstuhl.
 
Was haben wir für ein Problem?,
fragt der Zahnarzt. Liegt’s an dem?
Er rüttelt an den langen Spitzen,
so scharf, dass sie die Haut anritzen.
Valentin brüllt auf vor Schmerz.
Haben Sie denn gar kein Herz?
Der Zahnarzt sagt ganz ernst und leise:
Zähne wie bei einem Greise,
Karies und Parodontose,
das ist meine Diagnose.
Eitrig sind sie, innen hohl,
freilich fühl’n Sie sich nicht wohl,
dem letzten Schritt kann man nicht flieh’n,
diese Zähne muss man zieh’n!
Valentin ist höchst schockiert,
ob er jetzt auch noch krepiert?
Schreckensbleich erbebt sein Mund,
gibt frei heraus die Wahrheit kund:
Wie soll ich denn in Zukunft beißen,
im Blutdurst meine Beute reißen?!
Nun, so spricht der Zahnarzt heiter,
ich empfehle Ihnen weiter,
Blutkonserven von der Stange,
denn, so sein Sie sich nicht bange,
die kann man trinken ohne Zähne,
weshalb ich das so frei erwähne?
Der Zahnarzt lächelt – da schau her,
auch er hat keine Zähne mehr.

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Im Augenblick Zerrissenheit
scheint grausamst ehrlich
wie die Zeit vergeht
nichts ist, was ewig bleibt
wir Schatten
in der Dunkelheit

 
© Mortimer M. Müller (auch als Melodie umgesetzt)
 
 
Regenlauf im Nebelwald
verträumtes Tal
Geistatem schallt
im Sinnessturm der Zauberwelt
Herzgelächter
in die Stille fällt

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Menschenleben einsam ist
das Ich ward auserkoren
Zweisamkeit bloß große List
erkannt im Tode wie geboren
 
Alleinsein fürchtend Grauen
die Hand niemals sie hält
Ödnis mit ihren Klauen
die eine, leere Welt
 
so fügt sich eisig klar
zu allerletzt Erkenntnis
gleich wie als Kind es war
in meiner Finsternis

 
© Mortimer M. Müller
 
 
ein Zufall, der kein Zufall ist
das Schicksal, das du selber bist
die Hoffnung, die du in dir hegst
der Zweifel, mit dem du sie erwägst
die Liebe, die dein Herz entfacht
der Hass, aus Eifersucht erwacht
die Zeit, die zwischen deinen Fingern rinnt
das Jetzt, das über deine Zukunft sinnt
 
ein Leben, für das es sich zu sterben lohnt!
der Tod, der über allem Leben thront

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Mit großen Schritten kommt daher
ein Untier, das sich fürcht‘ gar sehr!
Grausam wurde es gemobbt,
ist durch den tiefsten Grübelschlamm gerobbt.
Die Täter, die waren ihrer drei:
Liebe, Lust – und Lachen war wohl auch dabei.
Deshalb nun, ist es außer Rand und Band,
das Untier, das nennt sich mein Verstand!

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Die Zeit vergeht nicht.
Sie verläuft.
Sie rennt, als würde sie sich selbst verpassen.
Sie hetzt, als wäre sie auf der Jagd nach Sekunden.
Sie stürmt, als wäre die Ewigkeit hinter ihr her.
Ich stehe auf der rauschenden Zeitenwelle.
Stehe, staune und denke mir:
Die Zeit, sie vergeht viel zu schnell …

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Sprach die Nachtigall zum Raben: „Armselig bist du, der du nicht singen kannst!“
Erwiderte der Rabe: „Armselig bist du, die du meinen Gesang nicht verstehst.“

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Ein Wiedehopf, ein Wiedehopf
der sitzt auf meinem Suppentopf!
Von der Brühe will er naschen
mit dem Schnabel Nudeln haschen
Sogleich eil‘ ich von höchster Stelle
in der Hand die größte Kelle
hole aus, schlag kraftvoll zu –
 
doch auf, er fliegt, der Wiedehopf
und ich treff‘ mit meiner Kelle
nicht auf meines Unmuts Quelle
sondern auf den Suppentopf
 
Der edle Sud beginnt zu spritzen
feurig meine Arme zu erhitzen
Ich rutsche aus, knall‘ auf den Po
der Wiedehopf, recht schadenfroh
entkommt durch off’ne Fensterritzen
Ich bleib in der Suppe sitzen
 
Und die Moral von dem Gedicht:
Jagst du einen Wiedehopf
so hüte dich vorm Suppentopf!

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Des Todes Werkzeug
sind nicht Feuer, Blitz und Donnerschlag
der Tod ereilt
in eisig stiller Finsternis

 
© Mortimer M. Müller
 
 
voici, maintenant une petite histoire:
 
Un cheval
voulait manger une fleur
mais, á ce moment-là,
cette fleur lui dit:
 
„On mange sans réfléchir,
c’est comme avec l’amour:
on aime sans écouter son coeur“
 
et le cheval
mangea la fleur
sans y penser
pour la simple raison:
 
la langue de la fleur
était l’amour
et celle du cheval
la faim

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Ein Schatten fällt auf uns hernieder
gekrochen aus der Einsamkeit
zieht ein in Herzen, Geist und Glieder
hüllt allesamt in Dunkelheit
 
Verlangt nach grenzenlosem Streben
befiehlt uneingeschränkte Macht
beherrscht von nun an unser Leben
das Höllenfeuer ist erwacht
 
In naher Ferne glimmt ein Licht
wer vermag danach zu greifen?
Ist ein tückisch, hässlich Irrwicht
uns das Sterbelied zu pfeifen
 
So warten wir, auf fremde Helden
die verkündet unser Gott
sofort, so sollen wir sie melden
zu sterben, unter dem Schafott
 
Ein Schatten fällt auf uns hernieder
gekrochen aus der Einsamkeit
wer weiß, ob jemals wir sehn wieder
das Licht im Herz der Dunkelheit

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Tränenfeuer spannt die Brust
des Herzen Einsamkeit schafft
Atmungsschleier vor den Augen
 
Entscheidungsschwund haucht ein
des Leben letzte Stunden
verschlingend Schwur wie Eid
droht Geisterschwerter Seelenschlag
jagend auf die Klippen zu
 
Fußsumpf hält Streben
Mondsonne gleicht Zwielicht
im fahlen Wegenetz scheint
das Ziel der Ewigkeit

 
© Mortimer M. Müller
 
 
ein Ziel in naher Ferne
nie gesehen nie gekannt
die lebende Spirale
zum Ziele hingebannt
 
vermag es nur zu spüren
ein Brüllen nicht weit fort
kommt stetig immer näher
es ist des Schicksals Ort
 
nennt sich der Tag Entscheidung
Veränderung als Sinn
doch konnt ich niemals sagen
Verlust oder Gewinn
 
ich sitz in meinem Boote
ein Strom aus Weltengier
und warte auf die Pforte
zur Hölle oder mir

 
© Mortimer M. Müller (aus meinem Roman „Riss“, zudem von mir als Melodie vertont)
 
 
im Dunkel mondenloser Nacht
klopfend Herz ganz scheu es lacht
mit Schmetterlingen Flügelschlag
wartet es auf jenen Tag
als das zweite Herz ihm nah
oh wie glücklich es da war!
Herz auf Herz in still Geflüster
kuschelnd, lächelnd, wunderbar
liebend, wartend
saß es da

 
© Mortimer M. Müller
 
 
träge kriecht
mit müdem Lächeln
rot die Sonne übers Firmament
haucht mit glutenheißen Händen
ihre Farbe in die Welt
beugt sich flüsternd
Stachelfeldern
taucht in Täler Dunkelheit
reißt aus wassergrünen Wäldern
Nebelschwaden geistergleich
flüchtend ziehn
im Sonnenwind
Feueratem
Nachtes Schergen

 
© Mortimer M. Müller
 
 
Der Friede der Kindheit gebrochen
voller Stolz das Leben erwacht
hat mit eiskaltem Gesicht
die Spiegel verlacht

 
© Mortimer M. Müller
 
 
ein stummer Schrei
von nirgendwo
aus einer Welt
die nicht mehr ist
auf seinem Weg
durch alles Nichts
wird der Schrei ganz leise
am Ende seiner Reise
ist er weg

 
© Mortimer M. Müller